Werkvertrag vs. Dienstvertrag

Resumee zum eCommerceCamp in Jena #eccj16

Nun ist es also schon eCommerce-Geschichte, mein erstes eCommerceCamp und mein erster Jena-Besuch. Da so viele mir dazu rieten, das kultstatusverdächtige Barcamp zu besuchen, habe ich mich, trotz viel zu naher zeitlicher Nähe zur MageUnconference, dazu entschlossen, da doch mal hinzufahren. Auch wegen Jena. Ich mag neue Städte angucken.

Aber erstmal hat Jena wahrscheinlich mich angeguckt, wie ich das Ausgangsschild aus dem Bahnhof anstarre und ich noch nicht wusste, was ich ab jetzt erwarten sollte. Dort stand „Ausgang Stadt“. Hat Jena keine Straßen? Kein Zentrum? Keine „Mitte“? Ich befinde mich seither in einer relativ angestrengten Hirnwühlhaltung, weil ich ständig die Erinnerung suche, was denn auf der linken Seite für ein Ausgang benannt wurde. „Land“? „Fluß“? „Berg“? „Wald“? „Nein“? Wenn mir davon ein netter Jenaer mal ein Bild twittern könnte, wäre ich sehr dankbar.

Ausgang-Stadt

Ich komme aus Köln. Was Köln nicht hat: Bodenerhebungen, Hügel, Steigungen. Köln liegt 36,4 Meter über NN und das ändert sich auch nicht, während man durch Köln läuft. Ich hatte in Jena eine Unterkunft etwa 1,5 km vom Bahnhof entfernt gebucht und wäre nach etwa 700 Meter gerne zum Ausgangsschild zurückgelaufen, um „Definiere Stadt!“ zu brüllen. Ich kam als hechelndes Etwas mit einem Koffer, der nach etwa einem Kilometer rund 255 kg wog, am oberen Waldrand an und begann eine Theorie über Jenas Bürger zu entwickeln, die allesamt keine Übergewichtsprobleme und stramme Waden haben müssten. Daher war mein Blick während dieser Tage oft nach unten gerichtet, um mir Waden anzusehen.

Ich hab mir als Teil der Orga der MageUnconference das ecommerceCamp mit ganz viel wie-machen-die-das-denn angesehen. Anders. Ähnlich.

Tolle Location. Das vorweg. Die Vortragsräume zwar etwas sehr weit ab vom Schuss (Schuss = Ess-Empfangs-Aufenthaltsraum), aber die Uni bot ansonsten perfektes Rumsitzen- und Draußenseinkönnen, auch dank des traumhaften Wetters. Außerdem gutes W-Lan, tolles (wirklich tolles!) Essen (wenn auch zu wenig Süßkram), die Getränke in 0,5 – Flaschen anzubieten fand ich eine rasant gute Idee im Kontrast zum Dauerbecherverlieren auf der MUC oder Nur-Nippen-Gläschen auf der MeetMagento. Der Kaffee war so wie überall: schwarz und bitter, so dass ich auch hier sehr viel damit beschäftigt war, Kaffee von anderswo aus lärmenden Maschinen herzubekommen. Und ich mag Traditionen und war sehr sehr erwärmt vom Suppe-Essen.

Es sind halt deutlich mehr Teilnehmer, als auf der MUC, daher ist die Session-Vorstellung etwas zeitaufwendiger – und vielleicht werden daher auch die Sessions im Vorfeld der Veranstaltung schon gesucht. Das machte es etwas weniger „barcamping“, so wie die Sponsorenstände mit den Werbetäfelchen und Werbetischchen auch. Das Voting der Vorträge per Handzeichen finde ich hier extremst veränderungswürdig. Einmal nicht hingehört, schon vorbei. Und nicht hingehört, passiert schnell. Da mag ich die „Klebchen“ auf der MUC deutlich lieber und das Stehen vor den Session-Vorschlägen, Beratschlagen, Was-war-das-nochmal-Nachfragen auch. Auch weil es die Teilnehmer mischt.

Ich habe mich in die Schlange der Sessionvorsteller eingereiht und meine Session ins Mikrofon erklärt „Werkvertrag vs. Dienstvertrag“, bei der es netterweise genug Handzeichen gab. Danach habe ich „Ja“ dazu gesagt, an Tag zwei im ersten Session-Slot zu sprechen, obwohl sich schon ein Uhhhhh in meinem Kopf formte, das irgendwas mit Schlafmangel, Restalkohol und Niemand-Da zu tun hatte. Aber in Summe, war es ein Uhhchen und alles war gut. Schlafmangel: ja, Restalkohol: vielleicht. Niemand-Da: nein.

Für mich interessant an dieser Veranstaltung war, dass Leute von den unterschiedlichsten Systemen da waren. Ich hätte ja gerne am Anfang ein „bitte alle Magentos aufstehen“ gehabt, dann alle Shopwärer und dann alle Oxidler, und „Sonstige“. Nur um mal so die Verteilung einschätzen zu können. Ich dachte ja, dass ich alle Magentos schon kenne, aber es tauchten immer mal wieder welche auf.

Ich mag an Barcamps, dass die Themen nicht nur der Wissensvermittlung, sondern auch der Diskussion dienen. Und wie ich auch schon twitterte:

Das war der Vortrag von Robert Barnebeck zum Thema „Kundenerziehung“. Es gab ansonsten recht viele E-Mail-Marketing-Sessions und Sessions, die hauptsächlich für Programmierer waren wie z.B. „Docker“ oder „nginx“.

Gefreut hat mich der spontane Beitrag von Björn und Tobias zum Thema „Magento 2“. Zunächst fand ich das Sessionthema zu negativ und meinungsvorgebend formuliert „Magento 2 nutzbar?“ (diese Fragezeichen-Tendenz-Überschriften a la Anne Will), daher hat es mich umso mehr gefreut, dass die Diskussion (und ich hatte doch recht viele Magento 2 Diskussionen im Laufe der letzten Zeit mitbekommen) positiver ausfiel. „Großartig, weil endlich richtig Open-Source“, „es macht Spaß, damit zu coden“, „es macht Spaß, wieder mal was Neues zu lernen“.

Magento2-Session

Was die Ost-Städte den West-Städten definitiv voraus haben: Prasselkuchen und Gewölbe-After-Show-Party-Locations. Sowas hätte ich beides gerne für die nächste MUC. Und Kaffee aus malmenden und schnaufenden Endlevelmostermaschinen.

Ein Wort noch zu den Teilnehmern: offen, nett, spontan, toll. Ich kann mir leider keine Namen und Gesichter merken (außer: Erik-Der-Holländer, weil so ein Name automatisch gespeichert wird) und daher bitte ich jetzt schon um Verzeihung, wenn ich Wer-Bist-Du-denn frage, wenn wir uns wiedersehen. Vielleicht darf ich ja nächstes Jahr Assoziationen auf die Buttons schreiben?

Auf der Party (deren Räumlichkeit ähnlich schwer zu finden war, wie die von „Haus 4“. Ich habe zwar versucht, ähnlich verwirrt auszusehen auf der Ziel-Erreicht-Strasse wie an Tag 1 vor dem Camp, aber diesmal hat mich niemand aufgepickt mit „Du-Willst-Bestimmt-Zu…“-Worten). Das war jetzt zuviel Abstand zum Satzanfang, daher nochmal: Auf der Party habe ich mich hinlänglich amüsiert über niedliche Gardarobenpreise und Pfand-Buttons für die Gläser. Ein Glas hätte ich nicht mitnehmen wollen, aber die Pfand-Buttons wollte ich unbedingt.

Sehr amüsiert hat mich, dass für eine Spontan-Tweet-Süchtige-Teilnehmerschaft eine Partylocation gefunden wurde, in der es keinen Handy-Empfang gab… Es hat sich im Übrigen niemand den Kopf gestoßen (und wenn, wurde darüber nicht getwittert) und dass getanzt werden konnte hat mich persönlich riesig gefreut.

aftershow-1

Weswegen die erste Session an Tag 2 auf jeden Fall eine Herausforderung war (zumal ich mich nachts, nach dem Pfandmarkensammeln und dem Getanze noch meinen Berg hoch schleppen musste). „Werkvertrag vs. Dienstvertrag“ hat denn doch mehr Zuhörer angezogen, als ich je erwartet hätte (da ich die Teilnehmer-Restalkohol-Wahrscheinlichkeit mit etwa 40% angesetzt habe und die Schlafmangel-Wahrscheinlichkeit mit etwa 100%. Gibt es eigentlich eine 100% Wahrscheinlichkeit oder schließen sich 100% und Wahrscheinlichkeit aus und man braucht ein neues Wort? Kann mir dazu bitte mal jemand was jonglieren?)

Auf jeden Fall war hat es Spaß gemacht, den Vortrag zu halten. Und ich habe mich sehr sehr sehr gefreut über die tollen Zuhörer und Mitdenker und das Feedback danach. Wer die Slides zum Thema auch mögen oder runterladen mag: hier finden sich meine Slides (die ich übrigens nochmal korrigiert habe: ich habe die Autokorrektur korrigiert und aus „Servierausfall“ doch den „Serverausfall“ gemacht…)

Nochmal ein kleines Fazit:

Mit viel Sponsoren kann mal viel tolles machen. Tolle Räume mieten, tolles Essen auffahren, tolle Parties schmeißen. Den ganz schmalen Grad zu wahren, von Barcamp-Socialn zu Konferenz-Kommerziellem ist so eine Warnsignal-Aufgabe, die ich bei der Magento Unconference auch sehr genau beobachten möchte. Gut fnde ich, dass Sponsoren ihren Raum haben, auch gerne ihren Raum-Namen. Es ist großartig, dass sie da sind und Geld beisteuern und solche Veranstaltungen möglich machen. Schwierig – für mich ganz persönlich – und dadurch etwas „über-gebranded“ fand ich die Sponsoren-Messe-Stände (ich weiß gar nicht, ob man sie da eher besucht, als auf einer „klassischen“ Konferenz? Das wissen nur die Ständesteher…) und dass viele der Redner-inkl-Firmenname auch Sponsoren waren, was es weniger barcamping und eben wieder konferenziger werden ließ (Ich leide unter einer automatisierten Vortragsbesuchshemmung, wenn ein Vortrag zum Thema „Payment“ von einem Payment-Anbieter angeboten wird).

Ich habe ein wenig den Herrn Zenner vermisst, weil er so nett querdenken und schnell reden kann. Ansonsten habe ich recht wenig vermisst auf dieser Veranstaltung und fand sie rundum gelungen und meine Wiederkommwahrscheinlichkeit liegt bei etwa 87%.

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